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Jahresbericht 2020

Coronakrise stellt Suchtarbeit weiter vor Herausforderungen

Am Mittwoch, den 5. Mai 2021 lud die Stiftung Maria Ebene zur Präsentation ihres Jahresberichts 2020 in das Krankenhaus Maria Ebene nach Frastanz. Die Verantwortlichen präsentierten die Zahlen für das Jahr 2020 und informierten über zukünftige, relevante Themen. Im Zentrum stand natürlich die Coronapandemie. „Die Krise von heute offenbart noch gar nicht ihr ganzes Ausmaß. Die nächsten Jahre werden dieses erst zeigen und uns als Gesellschaft auf vielfältige Weise fordern“, ist Primar Dr. Philipp Kloimstein, Chefarzt und ärztlicher Leiter der Stiftung Maria Ebene, überzeugt und er ergänzt: „Die Lockdown-Zeit belastete viele Menschen psychisch, hinzu kommen besorgniserregende Arbeitslosenzahlen. Arbeitslosigkeit begünstigt eine Vielzahl psychischer Erkrankungen. Dazu zählen Süchte, aber auch Depressionen und Ängste, die bis hin zum Suizid führen können. Das belegen auch Studien zu früheren Krisen wie etwa zur Finanzkrise 2008. Im Moment befinden wir uns am Beginn einer vergleichbaren Lage, die es aber gilt abzufangen oder abzumildern.“

Patientenanstieg nach Wiederöffnung
Die Coronakrise sorgte gleich zu Beginn des Jahres 2020 für eine schwierige Situation: Im Frühling des Vorjahres mussten sowohl das Krankenhaus Maria Ebene als auch die Therapiestation Lukasfeld kurzfristig für mehrere Wochen ihre Kapazitäten zur Behandlung von suchterkrankten Menschen reduzieren. Als sogenanntes psychiatrisches Notkrankenhaus musste dieses ausgewählte, subakute Fälle der Psychiatrie Rankweil übernehmen können. Um den Patient*innen in dieser Zeit dennoch Hilfe und Betreuungsmöglichkeiten anzubieten und gleichzeitig physische Kontakte zu minimieren, wurde rasch ein telefonisches Betreuungsnetzwerk aufgebaut. Die Abläufe und Hygienemaßnahmen in der stationären Behandlung wurden ebenso angepasst wie die Gruppengrößen bei den üblicherweise achtwöchigen, ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Therapien. Im Mai, schon kurze Zeit nach dem Neustart der Patient*innenaufnahme im Krankenhaus Maria Ebene, konnte ein deutlicher Zuwachs auf der Warteliste von rund 12 Prozent festgestellt werden. Auch die weiteren Einrichtungen der Stiftung Maria Ebene verzeichneten ähnliche, klar erkennbare Steigerungsraten von rund 10 Prozent.

Belastete Berufsgruppen stärker betroffen
„Viele der Patientinnen und Patienten, die wegen des Lockdowns vorzeitig die Therapie abbrechen mussten, wurden trotz telefonischem Kontakthalten rückfällig. Dazu kommen Rückfälle früherer Suchterkrankungen und eben neue Suchtentwicklungen bedingt durch die Coronakrise – insbesondere bei belasteten Berufsgruppen. Beispiele sind hier die Gastronomie, der Tourismusbereich, der Eventbereich oder etwa auch Berufsfotografinnen und -fotografen“, präzisiert die Leiterin der Psychologie des Krankenhauses Maria Ebene, Dr. Maria-Christina Rehberger, die aktuelle Situation. Durch die verordneten Betriebsschließungen und die daraus resultierende, erhöhte Arbeitslosigkeit fällt für viele dieser Menschen die gewohnte Tagesstruktur weg. Zukunftsängste und vermehrte psychische Belastungen führen darüber hinaus häufiger zu Depressionen und Suchtverhalten.

Hohes Betreuungsniveau trotz Einschränkungen
Obwohl die stationären Einrichtungen des Krankenhauses und der Therapiestation Lukasfeld vorübergehend stark eingeschränkt waren und dann als Notspital fungierten, betrug die Auslastung über das ganze Jahr verteilt noch immer 68 Prozent. Insgesamt wurden 504 Patient*innen stationär behandelt, nur 95 weniger als im Jahr davor. In der Ambulanz des Krankenhauses konnten aufgrund der Corona-Situation 2020 und der Trennung der Patientenströme im Vergleich zum Vorjahr jedoch nur etwa halb so viele Fälle – 637 –behandelt werden. Einen klaren Anstieg verzeichnete hingegen die Beratungsstelle Clean in Bregenz, Feldkirch und Bludenz: 37.104 Leistungen an Klient*innen entsprechen rund 13 Prozent mehr als im Vorjahr. „Insgesamt betreuten wir 1.198 Personen, also 25 mehr als 2019. Besonders auffällig war das Wachstum bei den betreuten Personen in Bludenz mit plus 10,7 Prozent“, erläutert Wolfgang Grabher, M.Sc., Leiter des Clean Bregenz und Feldkirch. Dass die drei Clean-Standorte und damit die ambulante Beratung immer mehr an Bedeutung gewinnen, zeigt insbesondere der Langzeitvergleich: 2020 wurden um 47,7 Prozent mehr Personen betreut also noch 2012. „Beim Konsumverhalten setzten sich die Trends der Vorjahre fort: Der multiple Substanzgebrauch bleibt vor Cannabis unangefochten an der Spitze. Minimale Zunahmen in den Leitdrogen gab es bei Kokain“, so Wolfgang Grabher.

Online und telefonische Beratung bei SUPRO
Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie stellten auch die SUPRO – Gesundheitsförderung und Prävention vor neue Herausforderungen. Viele bewährte Angebote und Maßnahmen konnten nicht oder nur bedingt umgesetzt werden. Die wiederholten Lockdownphasen im Frühjahr 2020 führten zu einer Reihe von Absagen von Vorträgen, Workshops und Fortbildungen. Gerade Workshops mit Jugendlichen waren über längere Zeit nicht erlaubt. „Wir haben schon frühzeitig im Sommer darauf reagiert, neue Angebote entwickelt und bewährte Formate auf Online-Basis umgestellt“, berichtet Mag. Andreas Prenn, Leiter der SUPRO – Gesundheitsförderung und Prävention in Götzis. 2020 konnten in Summe so 3.954 Personen erreicht werden – das entspricht zwar im Vergleich zum Vorjahr weniger als der Hälfte, Prenn zeigt sich angesichts der Umstände dennoch zufrieden. Gleichzeitig verlagerten sich coronabedingt die Schwerpunkte. „Telefonische Beratungsangebote und Kriseninterventionen wurde ausgebaut. Hier konnte eine 60 prozentige Steigerung beobachtet werden. Es ging dabei vor allem um Themen wie Computerspielverhalten, Umgang mit digitalen Medien sowie Konsum von Cannabis, Benzodiazepinen und Amphetaminen. Neben Eltern und Erziehungsberechtigten waren es etwa auch Personalverantwortliche aus Betrieben, die unser Beratungsangebot in Anspruch genommen haben“, so Prenn weiter.

Stabiler Arbeitsplatz trotz Herausforderungen
Mit dem Engagement von Dr. Philipp Kloimstein fiel auch die erfolgreiche Neubesetzung der Primarstelle bei der Stiftung Maria Ebene in das Jahr 2020. Nach einem vorhergehenden, mehrstufigen Entscheidungsprozess konnte der neue Primar und ärztliche Leiter schließlich mit 1. April begrüßt werden. „Es war ein ereignisreiches erstes Jahr. Natürlich hatte ich mir meinen Start ganz anders vorgestellt, aber ich bin sehr stolz auf das, was unser Team in dieser schwierigen Zeit gemeinsam geleistet hat“, beschreibt Kloimstein seinen Start in Frastanz. Derzeit beschäftigt die Stiftung Maria Ebene 92 Vollzeitstellen im stationären Bereich, hinzu kommen 29 Dienststellen bei der Beratungsstelle Clean in Bregenz, Feldkirch und Bludenz sowie der SUPRO. Auch Verwaltungsdirektor Mag. Günter Amann betont: „Unser Dank gebührt allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren großen Einsatz im vergangenen Jahr, das viele und noch immer anhaltenden Herausforderungen mit sich brachte. Es ist umso erfreulicher, dass wir trotz Krise einen sicheren Arbeitsplatz bieten konnten und können.“