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Phase der Außenorientierung

Diese beginnt nach einer stationären Behandlung von vier Monaten.

Die Therapiezeiten haben sich in der 15-jährigen Geschichte der TS Lukasfeld mehrmals verändert. Während die ersten Jahre Aufenthalte von mindestens sechs Monaten für jeden Patienten und für jede Patientin vorgesehen waren, wurde diese Zeit auf fünf Monate reduziert. Seit 2005 gibt es das Konzept „8 Wochen +“, mit welchem eine Flexibilisierung der Aufenthaltszeiten vorgenommen wurde. Gemeinsam mit den damaligen Patientinnen und Patienten haben wir in mehreren Arbeitsgruppen unterschiedliche Szenarios erwogen. Die Entscheidung, von fixen Aufenthaltszeiten abzugehen, schien uns schließlich die sinnvollste, da die Bedürfnisse unserer Patientinnen und Patienten sehr individuell waren und auch im internationalen Vergleich der Trend stark in Richtung Verkürzung stationärer Aufenthalte ging. Mindestens acht Wochen zu empfehlen, hatte den Hintergrund, dass wir von einem körperlichen Entzug und sich daran anschließende Stabilisierung vier Wochen veranschlagten und gleichzeitig auch eine Probetherapiephase einführten, in welcher sowohl Patient/Patientin als auch das Team überprüfen können sollten, ob eine weiterführende Therapie sinnvoll ist. In einer daran anschließenden Intensivtherapiephase sollten dann noch mindestens weitere vier Wochen zur Verfügung stehen, um einige Probleme durchzuarbeiten und die Zeit danach sowohl hinsichtlich der sozialen Umstände als auch hinsichtlich der Nachbetreuung zu organisieren. Das „+“ in der Bezeichnung dieses Konzepts bringt zum Ausdruck, dass jemand auch länger bleiben kann, d. h., auch sechs Monate sind möglich, mitunter kann daran auch noch ein Aufenthalt in unserer Wohngemeinschaft in Feldkirch angeschlossen werden, sodass für Rehabilitation und Wiedereingliederung noch ca. ein weiteres Jahr angeboten werden kann.

Nachdem es bei längeren Aufenthalten den Wunsch gab, für Arbeits- und Wohnungssuche sowie für die Verbesserung der sozialen Kontakte zu Familie, zu neuen Freunden sowie für Hobbys und Freizeitgestaltung mehr Zeit aufwenden zu können, als dies in der Intensivtherapiephase zugestanden wurde, haben wir eine dritte Therapiephase entwickelt, nämlich die „Außenorientierungsphase“. Diese AOP kann begonnen werden, wenn zuvor vier Monate stationärer Behandlung absolviert wurden.

Was gibt es dann für zusätzliche Möglichkeiten? Eine große Rolle spielt, dass es dann auch unter der Woche Ausgänge oder Beurlaubungen geben kann, beispielsweise für „Schnuppertage“ oder für andere Möglichkeiten, Betriebe von innen kennenzulernen, die mit dem jeweiligen Versicherungsstatus auch möglich sind. Es können auch verlängerte Wochenendausgänge durchgeführt werden, um sich wieder besser an das Milieu zu Hause oder in einer anderen Umgebung gewöhnen zu können. Es kommt allerdings nicht oft vor, dass ein derartiges Angebot wahrgenommen wird, da die wenigsten Patientinnen und Patienten länger als vier Monate bleiben.

Für Mike (Name geändert), der im Rahmen von „Therapie statt Strafe“ mindestens sechs Monate stationäre Behandlung machen muss, hat vor einiger Zeit die AOP begonnen. Wie beim Übertritt von der Probe- in die Intensivtherapiephase auch, muss ein Antrag gestellt werden, der vom Team befürwortet werden muss. Am daran anschließenden Montag erfolgt das Übertrittsritual, in welchem ein aktuelles Bild sowie Ziele für die nächste Therapiephase präsentiert werden. Dies erfolgt in der Großgruppe und die Bilder ermöglichen es uns allen, frei zu assoziieren und unsere Ideen zur Verfügung zu stellen. Wir besprechen auch die Ziele selbst und hinterfragen u. a., was genau jemand in der TS Lukasfeld tun kann, um diese Ziele zu erreichen.

Die beiden Bilder von Mike können als gemalter Ausdruck eines Veränderungsprozesses angesehen werden.
In einem ersten Bild wurden braune Flächen gemalt, brüchig und zittrig, es war die Farbe nach Mikes Beschreibung als lockere Erde zu sehen, verbunden mit der Gefahr, einzusinken und sozusagen zu versumpfen.


Im aktuellen Bild, das manche in der Gruppe an Reisfelder oder an eine Landkarte erinnert hat, komme zum Ausdruck, dass sich der lose Untergrund nun verfestigt hat. Er ist zu Stein geworden, der stabil ist und tragen kann, die Linien sind klarer, es gibt eine Straße, die in eine geordnete Zukunft führt und es ist alles besser strukturiert und organisiert. Zwischen den Steinplatten wächst nun auch grünes und frisches Gras.

Als Ziele hat Mike sich vorgenommen, die Freizeit außerhalb der Therapiestation besser zu planen, drogenfreie Freundschaften zu pflegen und neu aufzubauen, mehr Kontakt zu seiner Familie zu pflegen, zumal er auch ein Kind hat, und schließlich möchte er die Erledigungen machen, die er sich vorgenommen hat und nicht mehr aufschieben. Dazu gehöre die Jobsuche. Er wolle etwas anderes machen als zuletzt, was aber auch mit seiner Qualifikation mehr zusammenhängen würde. Für Mike ist dies nun der zweite Anlauf einer stationären Therapie. Wir sehen dies positiv, wir sehen Abbrüche oder andere Formen einer vorzeitigen Beendigung der ursprünglich geplanten Therapie nicht als Niederlagen oder Enttäuschungen, sondern als Experimente und Versuche, die vor allem dazu dienen können, Erfahrungen zu machen, daraus zu lernen und Konsequenzen zu ziehen.

Wir haben Mike gebeten, ein paar Zeilen zu schreiben, wie er selbst die Veränderung erlebt hat, um dies dann auch auf unserer Homepage zu veröffentlichen.

Zum Erfahrungsbericht: Therapie statt Strafe…