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Fünf Jahre Abgabestelle Clean Bregenz

Weltdrogentag: Stigmatisierung stoppen, Betroffenen helfen

Im Bild (v.l.n.r.): Landesrätin Martina Rüscher, Primar Stiftung Maria Ebene Dr. Philipp Kloimstein, MBA, Wolfgang Grabher, Leiter der Beratungsstelle Clean Bregenz und MMag. Katharina Amann, Leiterin der Beratungsstelle Clean Bludenz.
Copyright: Land Vorarlberg/A. Serra

Die Stiftung Maria Ebene, das Vorarlberger Kompetenzzentrum in allen Suchtfragen, thematisiert anlässlich des Internationalen Tags gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr die aktuelle Drogensituation in Vorarlberg und Österreich. Noch immer sind Suchterkrankungen für Betroffene schambehaftet. Die Stiftung Maria Ebene selbst leistet mit zusätzlichen Angeboten wie etwa der Abgabestelle des Clean Bregenz – diese besteht seit mittlerweile fünf Jahren – einen wichtigen Beitrag in der Drogen-Substitutionstherapie. Nachdem in den letzten zwei Jahren vermehrt Gruppenangebote eingeführt wurden, wird es ab Herbst im Bereich der Cannabisabhängigkeit eine zusätzliche „Cannabis-Gruppe“ für Betroffene geben.

 

Der heutige Tag, der 26. Juni, gilt als der Internationale Tag gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr steht heuer unter dem von den Vereinten Nationen ausgerufenen Motto „People first: stop stigma and discrimination, strengthen prevention“. „Der Leitspruch des diesjährigen Tags deckt sich sehr gut mit unseren Zielen, nämlich die Stigmatisierung und Diskriminierung von Suchterkrankten zu beenden, die Prävention weiter zu stärken, sowie weitere Angebote für suchterkrankte Menschen zu schaffen. Wie wichtig das ist, zeigen uns auch die aktuellen Zahlen zum Suchtmittelkonsum in Österreich, die leider zum Teil besorgniserregend sind“, betont Primar Dr. Philipp Kloimstein, MBA, im Rahmen einer Pressekonferenz der Stiftung Maria Ebene gemeinsam mit Landesrätin Martina Rüscher in der Abgabestelle Clean in Bregenz. Sucht ist jedoch kein isoliertes Einzelphänomen. „Auch das soziale und familiäre Umfeld von Suchterkrankten ist betroffen. Scham und Emotionen sorgen dafür, dass es für alle Seiten nicht immer leicht ist, Klarheit und Orientierung zu bekommen. Wir setzen deswegen neben präventiver Aufklärung, etwa durch die SUPRO – Gesundheitsförderung und Prävention, auch auf Angehörigengruppen bzw. Angehörigenarbeit“, so der Primar.

 

Hochrisiko durch Opiate

Laut dem Frühwarnsystem der EU (EWS) nimmt das Angebot an illegalen Drogen in Europa weiter zu, wie dem Europäischem Drogenbericht 2023 zu entnehmen ist. „Beim Thema Sucht müssen wir unterscheiden zwischen einem eher unproblematischen, gelegentlichen Konsum, dem Probierkonsum, einerseits und einem sogenannten risikoreichen, problematischen Drogenkonsum andererseits. In Österreich spielt beim risikoreichen Drogenkonsum nach wie vor der multiple Substanzgebrauch mit Beteiligung von Opioiden, wozu auch Heroin zählt, eine ganz zentrale Rolle“, informiert Wolfgang Grabher, Leiter der Beratungsstelle Clean Bregenz. Beim Hochrisikokonsum von Opioiden liegt Österreich mit sechs bis sieben betroffenen Personen je tausend Einwohner:innen deutlich über beispielsweise Deutschland mit lediglich zwei Personen im Schnitt. Neben Wien als einziger Großstadt Österreichs sind die am Stärksten betroffenen Regionen Kärnten, Tirol und Vorarlberg. Interessant ist hier die Altersverteilung: Nur acht Prozent aller Betroffenen sind unter 25 Jahren, 61 Prozent sind hingegen 35 Jahre oder älter. Der problematische Drogenkonsum schlägt sich auch in den Todeszahlen nieder: 143 von insgesamt 235 drogenbezogenen Todesfällen, also mehr als 60%, waren 2021 in Österreich auf Mischintoxikationen mit Opiaten zurückzuführen. In Vorarlberg liegen die direkt drogenbezogenen Todesfälle relativ konstant zwischen fünf und 15 Fällen pro Jahr im Schnitt der letzten Jahre. 2021 waren sieben Fälle zu verzeichnen.

 

Fünf Jahre Abgabestelle Bregenz

Um die Situation für suchterkrankte Menschen und deren Angehörige zu verbessern, gibt es in Vorarlberg verschiedenste Unterstützungsangebote. „Seit Jahren leistet unter anderem die Stiftung Maria Ebene hier einen wichtigen Beitrag im Land, beispielsweise mit der ambulanten Suchtberatung und -therapie der Beratungsstellen Clean in Bregenz, Feldkirch und Bludenz. Weiterhin muss es jedoch unser Ziel sein, jeden einzelnen drogenbezogenen Todesfall möglichst zu vermeiden“, bekräftigt Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher. 2018, vor nunmehr fünf Jahren, eröffnete das Clean Bregenz als weitere Maßnahme die Abgabestelle in der Merbodgasse in Bregenz. Das Angebot richtet sich an eine Teilgruppe der Klient:innen des Clean Bregenz, die sich im Drogenersatzprogramm befinden. Die Abgabestelle bildet dabei eine Ergänzung zur Abgabe der Substitutionsmedikamente in den Apotheken. „Nach diesen ersten Jahren hat sich für uns klar bestätigt, dass die Abgabestelle ein sehr erfolgreiches Modell ist. Die Einrichtung wird seit der Eröffnung sehr gut angenommen. Neben der Abgabe der Substitutionsmedikamente über ein geschultes und kompetentes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal sind hier auch Sozialarbeiter:innen vor Ort“, so die Landesrätin weiter. Dem schließt sich auch Wolfgang Grabher an: „Das Substitutionsprogramm hilft den Betroffenen, wieder am öffentlichen Leben teilzunehmen. Einrichtungen wie die Abgabestelle sind dafür essentiell, um eine noch bessere Versorgung und Betreuung zu gewährleisten.“ Mit knapp 41 Prozent waren 2022 in Vorarlberg der überwiegende Teil der Klient:innen in Opioid-Substitutionstherapie erwerbstätig und nur vier Prozent waren obdachlos. Insgesamt befanden sich 2022 in Vorarlberg rund 760 Personen im Substitutionsprogramm – rund drei Viertel davon waren Männer. Über die Hälfte der Substitutionsklient:innen, nämlich ca. 53 Prozent, werden an einem der drei Standorte der Beratungsstelle Clean betreut.

 

Cannabis wird unterschätzt

Die häufigsten Konsumerfahrungen mit illegalen Drogen finden sich in Österreich jedoch nicht bei Opiaten, sondern in Bezug auf Cannabis. „Seit Jahren nimmt der Konsum von Cannabis zu, wobei die Auswirkungen oft unterschätzt werden. Ein regelmäßiger Konsum steht in Zusammenhang mit Depressionen, Angsterkrankungen und Psychosen“, erläutert dazu MMag. Katharina Amann, Leiterin der Beratungsstelle Clean Bludenz und sie ergänzt: „Die Daten aus dem Drug-Checking weisen außerdem darauf hin, dass in Österreich Cannabis zum Teil mit synthetischen Cannabinoiden versetzt wird. Deren Konsum ist mit großen Gefahren verbunden und diesen bedenklichen Trend beobachten wir mit zunehmender Sorge.“

 

Neues Angebot der Beratungsstelle Clean

Um Menschen mit Veränderungsbereitschaft hinsichtlich ihres Cannabiskonsums zu unterstützen, hat die Beratungsstelle Clean darum zusätzlich zu ihrem bisherigen Angebot eine neue „Cannabis-Gruppe“ ins Leben gerufen. Ab Herbst 2023 werden sich in Feldkirch unter der Leitung von MMag. Katharina Amann im Setting einer Kleingruppe fünf bis acht Personen mit einer Cannabisproblematik treffen und sich in mehreren Terminen gemeinsam austauschen. Dabei geht es um Themen wie Veränderungsmotivation, Auslösefaktoren, Problemlösetraining oder Rückfallprophylaxe. „Wir wissen aus der Praxis, dass ein und dieselbe Situation von unterschiedlichen Menschen unterschiedlich gelöst wird. Wir haben uns deshalb für das Gruppensetting entschieden und befürworten den Austausch, der dabei entsteht. Unser Konzept sieht außerdem eine suchttherapeutische Beratung sowie ein Nachsorgetermin nach Abschluss der gemeinsamen Treffen in Form einer Einzelsitzung vor. Wir möchten mit diesem kostenfreien Angebot also einen weiteren Impuls für Betroffene setzen, ihren Konsum zu reduzieren oder wenn möglich ganz abstinent zu werden“, zeigt sich Katharina Amann zuversichtlich.