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Therapierückblick

Jetzt habe ich das Gefühl ein abstinentes Leben führen zu wollen

In der Abschlussgruppe bekommen die Patienten die Aufgabe, sich schriftlich mit ihrer Therapie auseinanderzusetzen. Dieser Bericht wird dann vorgetragen und anschließend mit den Gruppenteilnehmern und dem Behandlungsteam besprochen.

Ein junger Patient, 25 Jahre, schreibt nach einem 11-monatigen Therapieaufenthalt:

Abschluss – Therapie – Rückblick Carina

Am Anfang war die Depression und die galt es erst einmal zu überwinden, bevor ich den Wert der Therapie erst richtig erfassen konnte. Außerdem war meine Therapie von zwei Rückfällen geprägt, die ich aber in der Therapie aufarbeiten konnte. Die Frage, was ich über mich in der Therapie gelernt habe, versuche ich wie folgt in diesen Zeilen darzustellen.

Zu Beginn meiner Therapie war ich, wie oben schon erwähnt von einer schweren Depression gezeichnet. Das Leben an sich und die Therapie schien mir zu dieser Zeit aussichtslos beziehungsweise sinnlos und ich versuchte die meiste Zeit meine Eltern zu überreden wieder nach Hause kommen zu dürfen. Diese machten mir aber sehr schnell klar, dass ich nur noch nach vorne gehen könnte und unterstützten mich nach ihren Möglichkeiten so gut es ging, indem sie mich jedes zweite Wochenende besuchten. Diese Besuche waren jedoch ein zweischneidiges Schwert, weil es mir auf der einen Seite deutlich besser ging, wenn ich mit meinen Eltern draußen war, aber auf der anderen Seite meine Stimmung noch etwas mehr absackte, wenn ich wieder zurück in die Carina musste.

Meine Strategie, mit der Depression umzugehen, war die meiste Zeit im Bett zu verbringen, wobei ich nicht einmal schlafen konnte, sondern einfach nur an die Decke starrte. Es ging so weit, dass ich auch ernsthaft über Suizid nachdachte. Aus diesem Zustand der Depression und dem nicht-mehr-aushalten-wollen dieses Zustandes hatte ich auch zwei Rückfälle, beide male mit meinem damaligen Freund (besser: „Suchtkollegen“).

Wir taten uns beide nicht besonders gut und verstärkten uns eigentlich in unserer Suchtdynamik. Auch eine Kontaktsperre zueinander konnte nicht verhindern, dass wir während der Therapie Suchtgespräche führten und deren Ausgang eben in Rückfälligkeit mündete. Im Nachhinein betrachtet waren diese Rückfälle kursichtig gedachte Versuche auf diesem Wege für einen kurzen Moment wieder glücklich zu sein und nicht diese schweren Gefühle spüren zu müssen. Mit der Zeit wurde auch klar, dass sich meine Therapie um Selbstannahme, dem Aufhören mit Vergleichen mit anderen anzustellen und ganz klare Stopps in die Negativspirale meiner Gedanken zu setzen, drehen wird. Die Selbstannahme war im Nachhinein betrachtet, das schwierigste Thema, weil ich mich vor meiner Psychose als extrovertiert und lustig erlebt habe und nach der Psychose plötzlich zurückgezogen und introvertiert war. Besonders gelitten habe ich unter dem Aspekt, dass ich plötzlich sehr schweigsam war und sich viele Mitpatienten fragten, was mit mir los sei. Dieser Umstand war für mich nur schwer zu verkraften und ließ mich einige Monate schwer an mir zweifeln.

Mittlerweile habe ich das Gefühl beide Seiten, Extrovertiertheit und Introvertiertheit in mir zu tragen und kann dementsprechend auf meine Bedürfnisse eingehen, indem ich mir Ruhe gönne, wenn ich sie brauche und aber Gesellschaft suche, wenn mir danach ist. Sehr wichtig war auch für mich Geduld mit mir zu haben und darauf zu vertrauen, dass meine Schwermut auch ein Ende findet. Sportliche Betätigung besonders laufen zu gehen, hat mir auf jeden Fall dabei geholfen. Aus meiner narzisstischen Kränkung habe ich dazu geneigt immer Vergleiche mit anderen anzustellen beziehungsweise immer das Gefühl gehabt früher ein „besserer“ Mensch gewesen zu sein. Mittlerweile konzentriere ich mich mehr auf mich selbst und auf das was mich beschäftigt.

Ein weiterer Aspekt meiner Therapie war die Reittherapie, wo ich auch sehr viel über mich und meine Person lernte. Lange Zeit war es sehr schwer für mich weiterzumachen, weil ich das Gefühl hatte, gänzlich unbegabt zu sein, aber es zahlte sich aus weiterzumachen, weil mir das Reiten mittlerweile sehr viel Freude macht.

Abschließend kann man sagen, dass ich sehr viel in der Therapie über mich gelernt habe und das Gefühl habe jetzt ein abstinentes Leben führen zu wollen und auch zu können. Ich möchte mich zum Schluss auch herzlich bedanken beim Team der Therapiestation Carina.