Sie sind hier: Startseite / Beiträge / Die Vögel

Die Vögel

Patienten spielen im Musiktheater Schlins/Jagdberg mit

Bilder (c) von  Norbert Plattner

Eine Gemeinschaftsleistung von Amateuren, professionellen Sängern, Schauspielern und Theaterleuten und einer Gruppe von Patienten der Therapiestation Carina.

Beim Theaterstück „Die Vögel“ von Gerold Amann, das auf der Ruine Jagdberg aufgeführt wurde, wirkte auch eine Patientengruppe der Therapiestation Carina mit. Zusammen mit unserem Leiter Mag. Johannes Rauch, der unter anderem für den Bau der Bühne und das Bühnenbild zuständig war, hatte unsere Patientengruppe beim „Bau der Hauptstadt Wolkenkuckucksheim“ ihren Auftritt in der Open Air Aufführung. (www.burgspieleschlins.at und www.facebook.com/burgspiele.schlins)

Mag. Johannes Rauch fertigte mehrere Elemente für den Bühnenaufbau gemeinsam mit den Patienten an. Unsere „Bühnenarbeiter“ hatten auch im Stück ihre Rolle als „Arbeiter“, sie kamen gemeinsam zu den Proben auf die Burg und wurden so Teil des gesamten „Ensembles“. Das Mitwirken auf einer Theaterbühne war für die Patienten ein kleines „Wagnis“, auf das sie sich eingelassen haben, und für alle eine ganz neue Erfahrung. Den Therapiealltag zu unterbrechen und Zugang zu bis dahin oft unvorstellbaren Aktivitäten bekommen, und vor einem Publikum von mehr als 400 Personen aufzutreten forderte schon ein wenig Mut. Andere Mitpatienten kamen lieber als Zuschauer in die Vorstellung — begeistert waren jedenfalls alle.

Vom therapeutischen Team wirkten drei TherapeutInnen im Vogelchor und als TänzerIn bei der Aufführung mit. Dadurch wurden auch interessante Begegnungen zwischen Patienten und Therapeuten außerhalb der Alltagsroutine im stationären Kontext ermöglicht.

 

Persönlichen Erfahrungen unserer Patienten

 

Erinnerungen an meine Jugend
Am Anfang ist es mir gar nicht gut gegangen, da ich in meiner Jugendzeit, selbst schon am Jagdberg gewesen bin. Mit der Zeit wurde die Angst am Jagdberg besser, ich habe zumindest geglaubt, es werde besser. Dann waren die Proben angesagt, da kam meine Versagensangst wieder. Mit der ersten Proben, fing es an mir wieder zu gefallen. Das Gute daran ist, das ich dabei gelernt habe, dass ich meine Angst zulassen kann, egal ob es gut oder nicht so gut geht. Ich wusste, es kann nichts schiefgehen. Die Menschenmassen (Publikum), die Mitspieler, die auf mich zukamen, waren alle sehr verständnisvoll. Meine Panik von Menschenangst hat sich geändert. Ich habe Spaß daran gehabt. Und fand es schade, dass wir wegen dem schlechten Wetter nur 5 Auftritte hatten. Im Großen und Ganzen, fand ich das ganze Projekt sehr hilfreich und ich würde so etwas, sehr gerne wieder machen. Lernte auch dabei, dass man sich auch nüchtern lustig unterhalten und Spaß haben kann.
Patient B., 42 Jahre, 8 Monate Therapie mit gerichtlicher Auflage

Mein großer Auftritt
Angefangen hat es mit meinem Rückfall. Hannes hat zu mir gesagt, dass ich jetzt bei der Theateraufführung mitmachen muss, und ich hab mir gedacht, dass ich nicht in der Position wäre, um nein zu sagen. Zu Beginn haben wir Elemente für den Aufbau der Bühne gefertigt. Das hat mir sehr gut getan. Ich konnte über meinen Rückfall nachdenken und vor allem hatte ich meine Ruhe dabei. Das Theater habe ich eigentlich in der Schule schon gehasst und auch nie mitgemacht. Und außerdem hat mir Hannes gesagt , dass ich kurz was rauf ziehen müsse und das wäre es gewesen. Und immer,  wenn wir auf der Ruine waren, hat er uns ein bisschen mehr preis gegeben. Als es dann angefangen hat, hat es mir von Auftritt zu Auftritt mehr gefallen. Es war schön mit „normalen“ Leuten zusammen zu arbeiten. Vor allem weil ich nur Psychopathen kenne. Die Beziehung zum Therapeutenteam war auch mehr auf freundschaftlicher Art als auf der Carina und es war schön mit Ihnen zusammen auf der Bühne zu stehen. Das schönste für mich war, dass es soviel Alkohol und natürlich auch alkoholfreie Getränke gab und es mir kein einziges Mal was ausgemacht hat. Da habe ich das erste Mal richtig gemerkt wie viel mir die Therapie gebracht hat. Und von Auftritt zu Auftritt ist es mir bewusster geworden und auch mit dem Antabus (Medikament zur Unterstützung bei Suchtdruck), wofür ich mich noch zusätzlich entschieden habe. Das positive Erlebnis auf der Burg hilft mir vielleicht auch in der Berufgruppe, die für mich die nächste Herausforderung in der Therapie ist. Ich sehe der Zukunft jetzt sehr positiv entgegen.
Patient M. 38 Jahre, 4 Monate Therapie

Gefragt und überredet mitzumachen
… wurde ich von meinem Therapeuten (Chef, Johannes Rauch), dem ich vertraute. Ich wusste, dass die Arbeit bzw. Rolle, die ich spielen sollte, mir etwas bringen würde.
Die Gelegenheit das Erlernte in der Therapie  umzusetzen und auszuprobieren, da gibt es ja einiges bei mir (!?). Wie wirke ich jetzt auf andere Leute mit meinem Verhalten? Wie kann ich jetzt mit ihnen im Dialog sein? Der Zusammenhalt unter den Mitwirkenden (speziell bei den Leuten in kleinen Rollen, die wir in dem Stück spielen sollten), die Motivation und die Begeisterung, die wir uns zukommen ließen, das Vertrauen was wir uns gegenseitig schenkten mussten, hat mich beeindruckt. Für mich war es eine soziale Herausforderung, mich unter so vielen Leuten zu bewegen. Es gab mir auch ein sehr gutes Gefühl bzw. gab es mir Zufriedenheit auch ohne dass man immer etwas (damit meine ich speziell Geld) zu bekommen hat. Wenn man etwas für ein Gemeinschaftsprojekt tun kann, ist das ein gutes Gefühl. Was alles möglich ist umzusetzen, wenn man zusammen hält und in diesem Fall auch mit einem kleinen Budget hätte ich mir davor nicht vorstellen können. Für mich war es auch eine Plattform mit Leuten zu sprechen, die aus einem anderen Milieu kommen. Ist sehr interessant zu hören gewesen, ich habe viel Neues wahrgenommen. Die Anspannung vor Beginn der Vorführung – die Stimmung tat sehr gut ist auch ein gutes Gefühl gewesen. Es begann immer vor der Szene: alles um mich war wie weggeblasen, nur noch eines hat gezählt: Alles umzusetzen und das so gut wie möglich. Auch wenn etwas dazwischen kommt, so wie in unserem Fall Regen, durch zu halten war angesagt und nicht alles beim erstens Widerstand hin zu schmeißen. Auch eine super Sache als Alternative statt TV oder Buch lesen. Sich zu einem Verein zu melden und gemeinsames zu tun, zu erleben das ist Freizeitgestaltung. Leute zu unterstützen die man kennt und schätzt. Ich habe eine für mich absolut neue Erfahrung gemacht, das hebt das Selbstwertgefühl enorm. Das Bestärkt einen sehr, dazu zugehören! Zur Gesellschaft, zur Menschheit! Die Technik hat mich begeistert, die Lichteffekte wahrgenommen, die Burg – die Kulisse hatte ein eigenes Flair. Jede einzelne Vorstellung war ein UNICUM, das Bewusstsein bei mir – es muss nicht immer alles perfekt sein. Es hat mich begeistert und motiviert, auch in Zukunft mir so etwas mit meiner Freundin anzusehen. Sie in so eine so tolle Atmosphäre zu bringen und hinein zu führen.
Patient F. 46 Jahre, 8 Monate Therapie

Vom Hörsaal auf die Burg
Zur Generalprobe stand ich das erste Mal bei den Vögeln auf der Bühne. Nach einer kurzen, etwas turbulenten Einweisung in meinen Part, gelang mir auf Anhieb mein Auftritt beim Bautrupp. Nach jeder Vorstellung wurde unser Team beim Aufbau der Stadt besser. Mit Konversation, Selbstvertrauen und Vertrauen ins Team kann man auch in kurzer Zeit zum Mitwirkenden bei einer tollen Sache werden. Johannes Rauch und ich produzierten zudem über dreihundert handgefertigte Plakate für die Teilnehmer und Gäste. Diese beiden Erfahrungen gaben mir vom einen auf den anderen Moment einen neuen Inhalt in meinem Alltag. Raus aus der Uni, rein in den Druck und rauf auf die Burg. In zehn Jahren werde ich wieder teilnehmen! Einzigartig!!
W. 41 Jahre, ehemaliger Patient, dzt. in ambulanter Betreuung – Tagesstruktur in der Carina