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Die innere Leere

Patientin A schreibt diesen Text zu ihrer Aufstufung

Die innere Leere ist bei mir ein Gefühl wie eine Depression, sie ist nicht warm; nicht kalt. Wenn sie sich in mir ausbreitet, kommt ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Ich setzte die Leere ein um meine Grundgefühle nicht zulassen zu müssen – unter der Leere verbirgt sich bei mir Schmerz, Trauer und Angst. Der Schmerz und die Angst lassen nicht zu, dass ich in der Gegenwart bin.

Schmerz, Trauer und Angst verbinde ich mit Vergangenheit und Zukunft. Wenn ich in meiner Gedankenspirale gefangen bin, bin ich mit meinen Gedanken entweder in der Vergangenheit, die der Schmerz und die Trauer mit sich bringen, oder ich bin zu sehr in der Zukunft, die mir Angst macht.

Immer wieder die gleiche Frage, schaff ich es? Wie soll ich das alles schaffen? Ich kann mich in den Gedanken so festfahren, dass ich in eine innerliche Überforderung komme.

Um den Schmerz, die Trauer und die Angst nicht zulassen zu müssen, hole ich mir die Leere her. Doch die Leere ist auch ein grausames Gefühl – sie unterdrückt auf Knopfdruck meine Grundgefühle. Alles scheint dann, grau, fahl, hoffnungslos.

Und weil ich alles zusammen nicht aushalte, habe ich in meinem Leben viele Strategien gefunden, um von dem allem abzulenken.

Meine Strategien waren Alkohol, Drogen, Tabletten, Essen, Sex und kranke Beziehungen.  Was bleibt mir da noch in der Abstinenz um meine Gefühle zu umgehen, die Trauer, die Angst, der Schmerz, die Einsamkeit nicht wahrnehmen zu müssen. Ich bin Meisterin in Strategien zu finden, die mich von mir weg bringen, die mich unpersönlich machen und ich nicht greifbar werden.

Mir fällt auf, wenn ich mich leer fühle, dass sich mein Verhalten Anderen gegenüber verändert. Ich werde zynisch, wirke arrogant, werde überdreht, lasse niemanden mehr an mich ran, werde einfach unpersönlich.  Schmink mich mehr und  setze dadurch meine Maske auf. Ich werde distanziert mir und anderen gegenüber, gehe oft in Beziehungsabbruch.

Zudem fange ich gerne an zu flirten, schon auf der Spaßebene, meiner Seite aus, allerdings kann das gegenüber es anders auffassen. Wo man dann nicht mehr weiter weiß mit mir. Frauen sehen mich dann oft als Konkurrentin und haben dann oft Angst, weil sie mich nicht wirklich kennen und wissen wie ich im Grunde wirklich bin, sich auf eine Beziehung mit mir einzulassen.

Ich hab es wirklich satt diese Strategien einsetzen zu müssen die mir schaden. Doch sie sind so in mir eingeprägt, dass es mir oft auch nicht auffällt bzw. erst danach, oder wenn man mich darauf aufmerksam macht.  Ich möchte echt und persönlich werden. Eine Frau die man ernst nehmen kann und die nicht immer alles belächelt und man nicht weiß woran man ist.

Die Gegenwart ist der Schlüssel zu meiner inneren Leere, wenn ich in der Gegenwart bin, bin ich bei mir.

Ich muss lernen meine Gefühle zuzulassen und zu akzeptieren, denn wenn ich die Leere nicht mehr hab, die sich wie ein Schleier über meine Grundgefühle legt und  ich meine Strategien bewusst nicht mehr einsetzte, dann bleibt nur noch …. ICH …. übrig.

Ich bin traurig, ängstlich, schnell verletzbar und fühl mich einsam …
Ja das bin ich, und das darf so sein.

Patientin A. W. 30 Jahre, seit einem halben Jahr auf Therapie in der Carina